Ein Zeitungsbericht vom 24. Februar 2019:
Menschen mit geistiger Behinderung aus den Praunheimer Werkstätten haben gemeinsam mit dem Historischen Museum Frankfurt eine Multimedia-Tour durch die Dauerausstellung entwickelt. Herausgekommen sind elf wunderbare filmische Geschichten über diese Menschen und die Objekte, mit denen sie sich beschäftigen.
Philipp Bachmann ist einer der Guides. Der 22-Jährige fährt mit seinem Rollstuhl, der Eintracht-Felgen hat, zur Schallplatte „Der Meister heißt Eintracht“ von H. H. Henning. Die Platte befindet sich in einer Vitrine im ersten Stock des Museumsneubaus. Sie wurde 1959 nach dem Meisterschaftsspiel von Eintracht Frankfurt gegen Kickers Offenbach aufgenommen.
Fans wissen es genau: Die Eintracht wurde mit 5:3 Deutscher Fußballmeister. Philipp Bachmann setzt die Kopfhörer auf. Kratzend setzt die Vinylmusik ein.
„Der Meister heißt Eintracht / aus Frankfurt am Main / und wir sind so stolz hier / auf unsern Verein.“
Passend dazu gebe es eine Video, sagt Bachmann, man müsse nur auf Youtube „Frankfurt Meister 1959“ eingeben. Schwarz-weiße Filmaufnahmen erscheinen, Spieler halten die Meisterschale hoch.
Den Multimedia-Guide „Museum inklusiv“ mit insgesamt elf Geschichten können sich Besucher kostenlos aufs Handy laden. Weitere Kurzfilme stellen unter anderem die Skulptur Karls des Großen vor, mit seinem Schwert, Reichsapfel und Krone; Treuners Altstadtmodell, das die kriegszerstörte Frankfurter Mitte zeigt; das Apfelweinglas, aus dem ein Kaiser getrunken hat: Kaiser Wilhelm bei seinem Besuch in Sachsenhausen im Jahr 1877. Angetan schaut der Werkstattmitarbeiter Illias Akzouli dabei in ein modernes Geripptes, schwenkt es in der Hand und sagt, er sei Muslim und trinke auch gerne – Apfelsaft.
Den Multimedia-Guide verantwortet die Kuratorin Anne Gemeinhardt, welche die Präsentationen mit den Werkstattbeschäftigten erarbeitet hat. Die Geschichten sind in einfacher Sprache erzählt.
Das hessische Sozialministerium hat den Guide mit 15 000 Euro ermöglicht und fördert weitere Inklusionsprojekte im Museum mit mehr als 100 000 Euro. Andreas Schadt, der die Praunheimer Werkstätten leitet, sagt, der Guide ermögliche es Menschen, die Informationen zu den ausgewählten Objekten selbstständig zu erfahren, ohne auf Assistenz angewiesen zu sein.
Eintracht-Fan Philipp Bachmann erzählt noch von einer Erinnerung. Er zeigt ein Foto von sich mit Eintracht-Torwart Markus Pröll. Wenige Tage, nachdem das Foto entstanden sei, sei ein Paket im Briefkasten gewesen. Darin ein Torwarttrikot von Markus Pröll, mit Widmung versehen. Das Trikot hat Bachmann natürlich noch.
Die kostenlose Tour „Museum inklusiv“ lässt sich online abrufen.
Quelle: www.fr.de, 24.2.2019, Florian Leclerc